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1987: 71987: 7

1987 Martin Kolbe & Ralf Illenberger: 7

© ℗ 1987 LP Mood Records 28.658


Happy Hour / 5 vor 3/4 4 / The Other Sides / Winterland / Annalisa / Fugato / Seven Seas

HomeMusikDiscobiographie1987: 7




Der große Folk- und Akustik-Gitarren-Boom in Deutschland ist längst vorbei. Wir konnten uns zwar eine treue Anhängerschaft bewahren, doch es ist schwieriger geworden, Konzertverträge zu bekommen und das Geld fließt nicht mehr so, dass wir uns keine Gedanken darum machen müssen. In der Zwischenzeit sind wir beide verheiratet, haben zwei Haushalte zu finanzieren (davor wohnten wir über lange Zeit zusammen), jeder von uns hat eine Tochter und beide werden wir demnächst zum zweiten Mal Vater. Ausufernde Studiosessions wie bei „Tronic“ sind also ausgeschlossen, aber wir wollen es auch nicht so trocken und reduziert haben wie bei der zweiten KID-Platte. Wir finden ein kleines Studio in der Nähe von Freiburg, in dem wir uns immerhin zehn Tage Studiozeit leisten können.


In aller Ruhe bauen wir unseren Sound auf, nehmen uns Zeit für Feinheiten, ohne uns zu verzetteln. Heraus kommt eine Platte, die vom Ausdruck her viele Gemeinsamkeiten mit unserer ersten hat. Natürlich sind wir in den zehn Jahren gereift und stilistisch wie spieltechnisch sicherer geworden. Trotzdem fühlt es sich für mich an wie ein Kreisschluss – zurück zu den Anfängen, jedoch mit all der Erfahrung und dem Wissen, das sich im Lauf der Jahre eingefunden hat. Doch die Frage, die sich mir jetzt stellt, heißt: Was nun? Einfach wieder von vorne anfangen? Noch einmal derselbe Kreis? Wiederholungen langweilen mich.


Vielleicht spielten diese Gedanken auch eine Rolle, als ich mich im März 1987 aus heiterem Himmel von Ralf trennte, besser gesagt: Ich sprengte alles in die Luft, was uns bisher zusammengehalten hatte. Über all die Jahre waren wir wie zusammengeschweißt, machten musikalisch alles gemeinsam, teilten sogar über lange Zeit das tägliche Leben, auch wenn wir nicht auf Tournee waren. Nicht umsonst nannte man uns „siamesische Gitarrenzwillinge“.


Man kann es mit der Chemie vergleichen: Bei den stabilsten Molekülen braucht es am meisten Energie, um sie auseinanderzureißen. Dementsprechend musste es eine gewaltige Explosion sein, die schließlich eine Trennung ermöglichte.


Drei Tage später fand ich mich auf der geschlossenen Abteilung der psychiatrischen Klinik München-Haar wieder, wohin ich auf direktem Weg aus einer Suite des Münchner Nobelhotels Bayerischer Hof gebracht worden war. Kurz darauf erhielt ich die Diagnose „manisch-depressiv“ (den heutigen Begriff „Bipolare Störung“ verwendete man damals noch nicht).


Hier beginnt eine ganz neue Geschichte, die 25 Jahre dauerte und die schließlich in der CD „Songs from the Inside“ ihr vorläufiges Ende fand.


Die LP „7“ erschien erst nach der Auflösung des Duos. Mood Records sah deshalb keine Veranlassung, irgend etwas für diese Platte zu tun, weshalb sie auch fast nicht beachtet wurde, was schade ist, denn sie ist eine unserer besten.